Energiewende erfolgreich und solidarisch gestalten

(C) Simon Schnellrieder
Bei unserem Pressegespräch am Dienstag, 20. Juni zum Thema „Windkraftnutzung in Hofheim“ sind Ortsverband und Stadtfraktion von Angela Dorn, MdL, parlamentarische Geschäftsführerin und Sprecherin für Umwelt, Energie und Klimaschutz unterstützt worden. Ziel des gemeinsamen Pressegespräches war es, über die Umsetzung der Energiewende in Hessen, MTK und Hofheim zu informieren und darzustellen, dass Windkraft dabei unverzichtbar ist.

1. Die Haltung von Bündnis 90/Die Grünen in Hofheim

Bündnis 90/Die Grünen in Hofheim sprechen sich für die Nutzung der Energiegewinnung aus Windkraft aus. Wir stehen hinter den Zielen des Hessischen Energiegipfels von 2011, die im großen Konsens beschlossen wurden und nun umgesetzt werden müssen. Der Nutzung der Windkraft wird dort eine entscheidende Rolle zugeteilt.

Der Regionale Flächennutzungsplan, Teilplan Erneuerbare Energien (TPEE) ist das Planungsinstrument, um die Windkraftnutzung im Rhein-Main-Gebiet so zu gestalten, dass einige geeignete Flächen ausgesucht werden, auf denen die Windkraftnutzung zukünftig erlaubt sein soll. So wird ein Wildwuchs von Windrädern in der Landschaft verhindert und eine Planungssicherheit für die Nutzung der Windkraft geschaffen.

Bündnis 90/Die Grünen in Hofheim befürworten daher die Planung des Regionalverbandes mit den auszuweisenden Flächen in Hofheim und haben eine entsprechende Stellungnahme im entscheidenden Bau- und Planungsausschuss abgegeben, die auf der Stellungnahme der Stadt von 2014 aufbaut.

Bündnis 90/Die Grünen in Hofheim wissen, dass mit der Ausweisung der Windvorranggebiete Konflikte mit dem Naturschutz im heimischen Wald verbunden sind. Es gilt daher, die Eingriffe für den Bau der Windenergieanlagen so gering wie möglich zu halten und Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen. In der Abwägung mit den Folgen des Klimawandels für den Wald (Stress durch Dürre und Hitze, Schäden durch Baumschädlinge; siehe Anlage 1) halten wir die Eingriffe für vertretbar. Auch Hofheim muss seinen Beitrag zur Energiewende leisten und dabei kann die Nutzung der Windenergie einen wesentlichen Beitrag leisten.

2. Rätselfrage: Vom wem stammt folgendes Zitat:

„Wer A sagt, muss auch B sagen. Es ist nicht sehr hilfreich, wenn ein Großteil der Bevölkerung die Energiewende zwar befürwortet, sich jedoch bei den Ortsverband Hofheim dafür erforderlichen Maßnahmen, wie beispielsweise die Errichtung eines Windparks oder dem Bau von Stromtrassen gegen diese Projekte stellt.“ (Gisela Stang, Hofheimer Zeitung vom 07.06.2017)

Das zeigt, dass zumindest die großen Parteien eine unehrliche Politik betreiben: Vor Ort werden Bedenken und Ablehnung der Windkraftnutzung verstärkt und ablehnende Stellungnahmen verabschiedet. Auf der entscheidenden regionalen Ebene wird dann der Planung zugestimmt. So wird Politikverdrossenheit bestärkt.

Auf regionaler Ebene gibt es eine große Koalition aus CDU und SPD (bis 2025). Diese Koalition hat die vorliegende Planung des Reg. FNP TPEE mit den vorgeschlagenen Flächen auch in Hofheim beschlossen! Die gleichen PolitikerInnen verabschiedeten in Hofheim eine ablehnende Stellungnahme gegen ihren eigenen Beschluss. Es darf mit Spannung auf die abschließende Beschlussfassung zum TPEE geschaut werden …

3. Was steckt eigentlich hinter dem Regionalen Flächennutzungsplan TPEE?

Die regionale Flächennutzungsplanung ist die Umsetzung von Landesplanung in konkrete Vorgaben für die Kommunen des Rhein-Main Gebietes.

Im Entwurf der dritten Änderung des Landesentwicklungsplanes (LEP) 2000 vom 27.03.2017 heißt es:

„Vor dem Hintergrund des bundesweit beschlossenen Ausstiegs aus der Nutzung der Kernenergie kam der von der Hessischen Landesregierung initiierte und unter Beteiligung der maßgeblichen politischen und gesellschaftlichen Akteure sowie der Öffentlichkeit durchgeführte Hessische Energiegipfel 2011 parteiübergreifend zu dem Ergebnis, bis zum Jahr 2050 den Endenergieverbrauchs in Hessen (Strom und Wärme) möglichst zu 100 % aus erneuerbaren Energien zu decken. Dem Abschlussbericht des Hessischen Energiegipfels vom 10. November 2011 ist die einvernehmliche Zielsetzung zu entnehmen, dass ein großer Anteil an der zukünftigen

Energiegewinnung durch die besonders flächensparsame, effiziente und klimaschonende Windenergie erfolgen soll. Generell verfolgt das Land Hessen den Grundsatz, dass Energieerzeugung dort stattfinden soll, wo die geeigneten Ressourcen vorhanden sind.

Das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (Fraunhofer-IWES) in Kassel hat mit einer Untersuchung aus dem Jahr 2010/2011 zum Potenzial der Windenergienutzung an Land ermittelt, dass nach dem gegenwärtigen Stand der Technik, bei Nutzung von 2 % der

Landesfläche, in Hessen eine Strombereitstellung aus Windenergie von bis zu

28 TWh/Jahr möglich ist (Studie zum Potenzial der Windenergienutzung an Land, Hrsg. BWE 2011).

Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse empfiehlt der Energiegipfel im Abschlussbericht zum

Ausbau der Energiebereitstellung aus Windenergie für die hessische Landesplanung:

„Regionalplanerische Berücksichtigung in der Größenordnung von 2 % der Landesfläche. Nicht als Vorrangflächen erfasste Gebiete gelten hierbei als Ausschlussgebiete. Je effizienter und innovativer die benötigte Energiemenge von Windenergieerzeugungsanlagen erreicht werden kann, umso geringer wird der Anteil an der Landesfläche ausfallen können.“ (Seite 78f. Entwurf dritte Änderung des LEP 2000 vom 27.03.2017)

Das bedeutet, die Planungen des Regionalverbandes mit dem Re. FNP TPEE sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern sind Folgerungen der Ergebnisse des Hessischen Energiegipfels. Dort wurde mit den maßgeblichen politischen und gesellschaftlichen Akteuren (dazu gehören auch CDU, SPD und FDP) beschlossen, dass das Land Hessen sich bis zum Jahr 2050 zu 100 Prozent aus regenerativen Energiequellen selbst versorgt. Konsens war ebenfalls, dass ein großer Anteil an der zukünftigen Energiegewinnung durch die Windenergie erfolgen soll.

Diese Zielsetzung wird jetzt im Reg. FNP TPEE umgesetzt. Im gesamten Main-Taunus-Kreis sollen die bekannten drei Flächen in Hofheim und Eppstein für die Windkraftnutzung ausgewiesen werden.

Dazu ein paar Zahlen:

Größe der drei Vorrangflächen = 97,6 Ha (95 Ha auf Hofheimer Gemarkung)
Das sind weniger als 2% der Gesamtfläche Hofheims (2% = 114,8 Ha).
Zur Info: 2% der Fläche des MTK wären 445 Ha.

Theoretisch mögliche Anzahl der WEA = ca. 8-9 (bei einem Flächenbedarf von 10 bis 15 Ha pro Anlage

Strombedarf Hessen = 36,5 TWh/Jahr (2013). Das wird mindestens die Strommenge sein, die 2050 benötigt wird. Trotz Energieeffizienzsteigerungen und Energieeinsparungen. Aufgrund der Sektorkopplung (Wärmeerzeugung und Mobilität mit Strom) wird der Bedarf eher steigen.

Potentiale erneuerbarer Energien (nach Fraunhofer Institut, s.o.):
Windkraft = 28 TWh/Jahr,
Photovoltaik = 6 TWh/Jahr,
Geothermie und Wasserkraft = 1 TWh/Jahr,
Biomasse = 13 TWh/Jahr (Strom und Wärme).

Fazit: Ohne die Nutzung der Windkraft kann die Energiewende nicht gelingen. Um die Ziele des Hessischen Klimagipfels zu erreichen muss die Windkraft auf einer Fläche von 2 % des Landes genutzt werden. Dazu gehören auch die Flächen in Hofheim.

4. Wie ist die Haltung der Stadt Hofheim?

Der hauptamtliche Magistrat in Hofheim hat keine klare Haltung zur Windkraftnutzung in Hofheim. Bei der ersten Offenlage des Reg. FNP TPEE empfahl er der Stadtverordnetenversammlung noch eine klare Zustimmung zur Windkraftnutzung.

Die grundsätzliche Haltung wurde mit folgenden Sätzen in der Stellungnahme deutlich:

1. „Die Stadt Hofheim unterstützt die vorgelegte Planung der Vorrangflächen für Windenergieanlagen und hat keine grundsätzlichen Bedenken vorzubringen.

2. Als Eigentümer eines großen Teils der Flächen können wir uns vorstellen, die Entwicklung von Windkraftanlagen in den geplanten Vorranggebieten auf Hofheimer Gemarkung zu unterstützen.“

Die Stellungnahme wurde mit grosser Mehrheit von der Stadtverordnetenversammlung verabschiedet.

Hinsichtlich dieser Stellungnahme der Stadt Hofheim im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung im Jahr 2014 haben sich nun im aktuellen Entwurf des TPEE die potentiellen Vorranggebiete für Windenergienutzung nur unwesentlich geändert. Die kleineren Änderungen bestehen darin, dass der Planungsträger den Anregungen der städtischen Stellungnahme dahingehend gefolgt ist, die Fläche 3002 (Alt) zu verkleinern und in zwei Gebiete (3004 und 3005) zu unterteilen. Damit wird anstelle einer „bandartigen Ausdehnung, die östlich des Gewerbegebietes Wallau beginnt und sich bis zum Dachskopf westlich von Langenhain hin erstreckt eine kompaktere Abgrenzung“ vorgenommen, „die das Landschaftsbild weniger stark belasten würde“ (Stellungnahme von 2014).

Dementsprechend haben wir Grüne für die entscheidende Sitzung des Bau- und Planungsausschuss eine eigene Stellungnahme eingebracht, die aufbauend auf die Stellungnahme von 2014 die Flächenausweisungen begrü.t, zumal der Planungsträger ja auf die Wünsche der Stadtverordnetenversammlung, die in der Stellungnahme 2014 formuliert wurden, eingegangen ist. Unsere Stellungnahme wurde mehrheitlich abgelehnt und die vom Magistrat vorgelegte Vorlage 2017/046 mit der ablehnenden Haltung beschlossen.

Nach der Kommunalwahl 2016 haben sich die Mehrheiten geändert. In Hofheim regiert nun eine Kooperation zwischen CDU, SPD, FDP und FWG, die sich selbst den bezeichnenden Namen „LKW“ gegeben hat. Nur an dem Eintritt von FDP und FWG in die „Regierung“ ist zu erklären, dass sich nun auch die Haltung des hauptamtlichen Magistrats komplett gedreht hat und in der aktuellen Stellungnahme zur zweiten Offenlegung des TPEE die Windkraftnutzung in Hofheim kategorisch ausgeschlossen wird und die Vorrangflächen kategorisch abgelehnt werden:

Aus diesem Grund wird es der Stadt Hofheim als Eigentümer eines Großteils der von den Vorranggebieten betroffenen Waldgrundstücke nicht möglich sein, einen Ausbau der Windenergie auf diesen Flächen zuzulassen oder gar aktiv selbst zu fördern. (Vorlage 2017/046)

Interessant hierbei ist, dass die nun am 29.05.2017 beschlossene Stellungnahme die Ablehnung der Windvorranggebiete nun vor allem politisch mit der angeblich ablehnenden Haltung der Bürgerinnen und Bürger Hofheims begründet.

Eine solche Argumentation wird der Abwägung des Regionalverbandes nach fachlichen Kriterien vermutlich nicht Stand halten, womit den VertreterInnen der Stadt Hofheim (die aus der Kooperation bestehen) eine Zustimmung zur finalen Fassung des TPEE erleichtert wird. So zumindest kann die oben zitierte Aussage von Bürgermeisterin Stang, immerhin ehrenamtliche Beigeordnete im Regionalvorstand des Regionalverbandes FrankfurtRheinMain interpretiert werden.

5. Wie ist die Situation in Hofheim hinsichtlich der Energiewende?

Diese Frage kann recht kurz beantwortet werden: Zahlen dazu liefert der kommunale Energiesteckbrief des Regionalverbandes (http://klimaenergiefrm.de/Daten-zur-Region/Kommunale-Energiesteckbriefe ). In Hofheim wurden im Jahr 2015 insgesamt 2% des Stromverbrauches regenerativ erzeugt. Bundesweit wurden 2016 insgesamt 29% des Stromverbrauches regenerativ erzeugt (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/erneuerbare-energien.html ).

Trotz Beitritts zu dem Bündnis „100 Kommunen für den Klimaschutz“, dem Arbeitskreis Energie der Stadt Hofheim, dem Engagement der Lokalen Agenda und der Übernahme des Stromnetzes gibt es kein Konzept und keine Planung, wie der Anteil der regenerativen Stromerzeugung in Hofheim gesteigert werden kann. Mit der Ablehnung der Windkraftnutzung ist die Kooperation und der Magistrat gefordert, eine Konzeption für die Energiewende in Hofheim vorzulegen, zumal in der Kooperationsvereinbarung fälschlicherweise behauptet wird, es gebe ein Klimaschutzkonzept für die Stadt Hofheim.

6. Wie ist die Stimmung in Hofheim hinsichtlich Klimaschutz und Energiewende?

Lautstark geäußert haben sich in den letzten Wochen vor allem die Gegner der Windkraftnutzung in Hofheim. In der öffentlichen Wahrnehmung war vor allem Protest zu lesen und zu hören. Dieser wurde von einer eigens gegründeten Bürgerinitiative lautstark und Öffentlichkeitswirksam organisiert und vom hauptamtliche Magistrat dankbar übernommen (Infoveranstaltung). Allerdings ist unklar wie die Hofheimerinnen und Hofheimer insgesamt denken. Ein Stimmungsbild kann da der Deutschlandtrend der ARD liefern, der bundesweit erhoben wird, aber sicherlich auch für Hofheim repräsentativ ist:

Deutliche Mehrheit befürwortet Festhalten Deutschlands am Pariser Klimaschutzabkommen
Anders als Donald Trump hat Angela Merkel sehr klar formuliert, dass das Pariser Klimaschutzabkommen für die Zukunft unseres Planeten dringend gebraucht wird. Und damit hat sie eine deutliche Mehrheit der Deutschen hinter sich: 93 Prozent finden es gut, dass die Bundesregierung am Pariser Klimaschutzabkommen festhält. 6 Prozent finden das nicht gut. Wenn man die Deutschen nach ihrem persönlichen Engagement für den Klimaschutz fragt, sagen 82 Prozent, dass sie bereit sind, höhere Preise zu zahlen, wenn dadurch Produkte klimaschonend hergestellt werden können. 73 Prozent sind bereit, mehr für Strom zu bezahlen, wenn dieser aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. 64 Prozent sind bereit, wann immer es geht, auf das Auto zu verzichten, auch wenn dies manchmal umständlich ist.“ (ARD Deutschlandtrend vom 08.06.2017: https://www.infratest-dimap.de/umfragenanalysen/bundesweit/ard-deutschlandtrend/2017/juni/ )

Für uns Grüne in Hofheim bedeuten diese Zahlen Rückenwind hinsichtlich unserer Anstrengungen, auch den Energiebedarf der Stadt Hofheim bis zum Jahr 2050 aus regenerativen Energiequellen unter Nutzung der Windkraft zu decken.

Wer die Energiewende befürwortet, aber Gegner der Windkraftnutzung in Hofheim ist, muss erst einmal glaubhaft darlegen, wie sich Hofheim ohne Windkraftnutzung regenerativ versorgen kann.

Anlagen:

1. Auswirkungen des Klimawandels beobachten – Klimafolgenmonitoring, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, Fachzentrum Klimawandel Hessen, März 2016 (externer Link)

2. Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen zu Vorlage 2017/046 Sachlicher Teilplan Erneuerbare Energien des Regionalplans/Regionalen Flächennutzungsplans (TPEE) (externer Link)

202023. Stellungnahme der Stadt Hofheim vom 29.05.2017 (externer Link)

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